Freitag, 31. Januar 2020

THE LAST WILL BE FIRST





Unser Sohn läuft mit seinen Schwestern gern um die Wette. Ihm ist es nicht bewusst, dass die Chance als Jüngster gegen seine Schwestern zu gewinnen, eher gering sind. So ist er jedes Mal sehr frustriert, dass er das Wettrennen gegen seine Schwestern wieder einmal verloren hat. Seine Schwestern versuchen ihn zu trösten, indem sie ihm wahlweise folgende Sätze aufs goldene Tablett präsentieren: „Du hast doch gewonnen. Du warst nämlich der erste Junge!“ (und auch der einzige) oder sie kommen mit ihrem Lieblingssatz aus der Bibel: „Die Letzten werden die Ersten sein!“ (Matt 19,30)
Dass dieses Prinzip aus der Bibel sogar in einem Leichtathletikwettkampf mit einer Medaille gekrönt wurde, kam folgendermaßen. 
Seit einiger Zeit geht unsere Mittlere zur Leichtathletik. Ihre Begeisterung für diesen Sport zeigt sich darin, dass sie selbst in unserer Wohnung einen Hürdenparcours im Flur aufbaut oder in ihrem Zimmer zur Freude unserer Nachbarn Weitsprung übt. Jedoch hielt sich die Begeisterung an einem Wettkampf teilzunehmen in Grenzen. Da dies aber dazu gehört, haben wir Eltern sie mit einem Besuch bei einer Fast Food Kette bestochen...
Zum Wettkampf hat sie mein Vati begleitet, da ich selbst an diesem Tag meinen Geburtstag gefeiert habe. Während der Vorbereitungen zur Geburtstagssause schrieb mein Vati eine WhatsApp in die Familiengruppe. Unsere Tochter hat im 50m Lauf den zweiten Platz gemacht. Ich konnte es kaum fassen und vor lauter Mutterstolz habe ich die freudige Nachricht gleich mit ein paar anderen geteilt.
Als Jette und mein Vati nach Hause kamen war seine Freude etwas verhalten. Ich wunderte mich sehr darüber, denn als ehemaliger Sportler sollte ja auch bei ihm die Brust vor Stolz über den 2. Platz seines Enkelkindes geschwollen sein? So fragte ich meinen Vati, was los wäre. Erst wollte mein Vati nicht damit rausrücken, aber dann meinte er, dass er denkt, dass sich die Wettkampfjury mit den Ergebnissen vertan hat...Ein Video, indem unsere Tochter als Letzte aus ihrer Gruppe über die Ziellinie läuft, deckt den Irrtum auf.
Mein Vati wollte den Irrtum gern aufklären, aber er hat es nicht übers Herz gebracht, da sein Enkelkind  ja schon  auf dem Podest stand. Sie selbst wirkt auf dem Foto auch etwas ungläubig, dass sie als Letzte aus ihrer Gruppe, den zweiten Platz gemacht haben soll...
Dank dieser Urkunde brauchen wir unsere Tochter beim nächsten Wettkampf nicht mit einem Burger bestechen.


Donnerstag, 9. März 2017

Unterwegs




Als ich in meinem letzten Post darüber geschrieben habe, dass es jedes Mal eine Entscheidung ist, ob ich bei meiner Joggingrunde das Gespräch mit Gott suche, war es mir heute ein tiefstes Bedürfnis mit meinem Schöpfer zu reden. Meine Seele dürstet nach diesem MEHR in meinem Leben. Und wer und was kann mir diesen Durst nach MEHR stillen? Gott allein, der mich kennt und jedes einzelne Haar auf meinem Kopf gezählt hat. Ich habe zu Gott gesagt: "Herr, hier bin ich, zeige mir, was du für mich und meinem Leben auf dem Herzen hast."
Kaum waren die Schuhe geschnürt, der Kinderwagen startbereit und die ersten Meter gelaufen, sprach er schon. Oft geschieht es so, dass er meinen Blick lenkt oder meine Gedanken leitet. Manchmal auch, in dem er mich auf unbekannte Pfade führt. Diesmal waren es vor allem Bilder, Alltagsszenen, durch die Gott zu mir gesprochen haben.
So erblickte ich vor mir erst einen Bagger, der nicht zu übersehen war. Vor mir auf dem Weg wurde ein großes Erdloch ausgehoben. Daneben war schon ein großer Erdhaufen zu sehen. Für die meisten Menschen, die an dieser Baustelle vorübergelaufen sind, wird es nur diese Baustelle sein. Für mich war es aber ein Bild dafür, dass auch unsere Seele manchmal eine Baustelle ist. Wieviel laden wir auf unsere Seele an Kummer, Sorgen und Ängste. Der Berg wird immer größer. Bis es zu schwer wird für uns und alles aus uns herausbricht oder noch tiefer vergraben wird. Doch Gott möchte, dass wir mit unseren Sorgen und Ängsten zu ihm kommen. "Alle eure Sorgen werft auf ihn, denn er sorgt für euch!" 1. Petrus 5,7
Als ich an der Baustelle war, hing ich meinen Gedanken nach. Ich fragte mich, warum und für wen ich diesen Blog schreibe? Die Frage nach dem Warum war schnell beantwortet. Gott hat es mir aufs Herz gelegt. Ich habe auch immer tausend Ideen, aber bis eine Idee in die Tat umgesetzt ist, dauert es meistens eine Weile oder sie bleibt - wie so oft in letzter Zeit - auf der Strecke liegen. Jedoch hat mir Gott in den letzten Wochen sehr deutlich gemacht, dass ich schreiben soll und er mir dabei hilft, dass die Gedanken zu Worte werden. Und nun bleibt die Frage: Für wen schreibe ich? Kaum hatte ich mir diese Frage gestellt, entdeckte ich mitten im Wald am Wegesrand Krokusse. Ich fragte mich, wer hier Krokusse gepflanzt hat, denn meiner Meinung nach wachsen Krokusse nicht wild. Es war eine Antwort auf diese eine Frage. Es ist egal für wen und wieviele ich schreibe, denn Gott hat den Einzelnen im Blick und nicht die Masse. Ich schreibe für dich, die/der du gerade die Zeilen liest.
Auf dem weiteren Weg durch den Wald wurde das Gespräch mit Gott immer intensiver. Er hat mir gesagt, wo und wie er mich gebrauchen will. Es hat mich sehr erfüllt, denn ich will mich von Gott gebrauchen lassen und anderen Menschen dienen. Es ist so schön zu wissen, dass Gott für jeden von uns einen perfekten Plan hat. Er beruft uns zu MEHR. Dennoch gibt es auch im Leben als Christ genügend Herausforderungen, die uns als Steine in den Weg gelegt werden. Daran wollte mich Gott am Ende meiner Joggingrunde erinnern, aber nicht, um mich zu frustrieren, sondern um mich vorzubereiten. So habe ich auf den letzten Metern einen provisorischen Fußweg benutzt, der links und rechts mit Bauzäunen abgesperrt war und auf einmal von einem Bagger und LKW versperrt war. Ich überlegte kurz, umzukehren, denn ich wäre nicht vorbeigekommen, doch da entdeckten mich die Bauarbeiter und stiegen widerwillig in ihre Baufahrzeuge, um mir Platz zu machen. Puuh, mir war es echt unangenehm, dass ich den Bauarbeitern solche Umstände bereitete...Kaum war ich vorbeigehuscht, sprach Gott leise zu meinem Herzen: "Mein liebes Kind, gehe nicht zurück, sondern warte auf mein Handeln. Ich, dein Gott, der Wunder tut, will dir die Wege ebnen und Berge versetzen."
 Und nun möchte ich dir Mut machen, Gott zu suchen. Dein Schöpfer, der dich und die gesamte Erde gemacht hat, ist überall zu finden. Es liegt an dir, mit ihm ins Gespräch zu kommen. Das Schöne ist, dass wir die Zusage Gottes haben, dass er uns antworten wird. So kann Gott einen Bagger, Krokusse und Wege, die in einer Baustelle enden, dazu nutzen, um mit seinem Kind ins Gespräch zu kommen. Ich wünsche dir ein offenes Herz und offene Ohren.



Montag, 6. März 2017

Und Gott spricht


Einmal im Monat findet bei uns in der Gemeinde ein Lobpreisgottesdienst statt. Parallel dazu haben die Gäste die Möglichkeit Hörendes Gebet in Anspruch zu nehmen. Gestern war es wieder soweit. Ich durfte gemeinsam mit einem anderen Kind Gottes hören, was Gott für die drei Menschen, die er zu uns schickte, auf seinem Herzen hatte. Ich liebe es auf diese Weise anderen zu dienen. Es sind heilige Momente mitten im Alltag. Es sind Momente, wo sich Gottes Herrlichkeit auf der Erde ausbreitet. Es sind Momente in Gottes Gegenwart.
Jeder von uns kann Gott hören, denn er ist ein Gott, der spricht und der zu uns Menschen eine lebendige Beziehung haben möchte. Eine Beziehung lebt davon, dass man sich austauscht, dass man sich einander mitteilt und über seine Wünsche, Hoffnungen und Träume redet. Gott will eine tiefe und innige Beziehung zu uns Menschen haben ohne WENN und ABER.
Ich stelle mir die Beziehung zu Gott wie eine gute Freundschaft vor. Ein gute Freundschaft zeigt sich darin, dass man einander vertraut, füreinander einsteht, ECHT und authentisch ist, d.h. dass man über seine Fehler und Schwächen reden kann. Ich bin sehr dankbar, dass ich solche Freunde habe. Freunde, die sich mit mir freuen, wenn mir ein Sieg gelungen ist und die mich aufbauen und ermutigen, wenn ich gescheitert bin. Freunde, bei denen ich so sein kann wie ich bin, ohne dass ich etwas vorspielen brauche, weil sie mich so lieben wie ich bin. Freunde, die mir mir zuhören, wenn mein Herz übersprudelt, die nachhaken, Fragen stellen und auf die Frage, wie es mir geht, auch eine ehrliche Antwort aushalten. (Diese Frage stelle ich immer mit der Frage an mich selbst, ob ich überhaupt in diesem Moment bereit bin, dem anderen zuzuhören) Freunde, die ich um Rat fragen kann, wenn ich nicht weiter weiß. Ein solcher Freund möchte Gott für uns Menschen sein. Doch wie oft frage ich ihn, meinen Schöpfer, der mich gemacht hat und mich am besten kennt, um Rat und Führung für mein Leben? Und wenn ich das tue, bin ich dann auch bereit, ihm zuzuhören und seinen Rat umzusetzen?
Mein Gebet war vorher die Einbahnstraße, ich habe Gott meine Anliegen gebracht, aber ihm keine Zeit gegeben, mir zu antworten...Zu einer Reformation in meinem Gebetsleben kam es als ich das Buch von Bill Hybels "Aufbruch zur Stille" gelesen habe. Seit nun mittlerweile über 10 Jahren ist das Hören, von dem Bill Hybels in seinem Buch spricht, ein fester Bestandteil in meinem Gebetsleben geworden. So schreibe ich in meinem Gebetstagebuch immer ein H, um danach aufzuschreiben, was Gott mir sagen will. Es sind jedes Mal wunderbare Ermutigungen und Verheißungen, die mein Leben umso vieles reicher gemacht haben. Besonders gut kann ich Gott aber nicht nur in der "Stillen Zeit" hören, sondern auch, wenn ich im Wald joggen gehe. Jedes Mal ist es aber eine persönliche Entscheidung, Gott einzuladen mit mir zu sprechen, sonst hänge ich einfach so meinen Gedanken nach und manchmal wird mir erst am Ende meiner Joggingrunde bewusst, dass Gott zwar neben mir hergelaufen ist, ich aber nicht mit ihm gesprochen habe.
Dass ich im Rahmen des Lobpreisgottesdienst für anderen höre, mache ich noch nicht so lange. Es ist nämlich schon ein Unterschied, ob man nur für sich selbst hört oder für jemand anderen. Am Anfang habe ich mich oft durch Selbstzweifel geplagt, ob ich richtig gehört habe oder ob es nur meine eigenen Gedanken sind. Mittlerweile lass ich mich von meinen Zweifeln nicht mehr täuschen und mache mir bewusst, dass Gott in mir wohnt und damit sind seine Gedanken meine Gedanken. So spricht Gott zu mir ganz unterschiedlich. Oft habe ich ein Bild vor Augen, dann frage ich Gott was er damit sagen will. Manchmal führt er mich dann weiter zu einem Bibelvers oder einer Geschichte aus der Bibel. Oder es sind Worte der Ermutigung und des Trostes. Eine Freundin von mir bekommt von Gott immer "Liebesbriefe" diktiert, die sie dann an die Empfänger weitergibt.
Jedes Mal ist es so ergreifend zu sehen, wie Gott, die Menschen mit seinen Worten berührt. Viele sind zu Tränen gerührt und fragen dann nach einem Taschentuch. Am Anfang habe ich diese oft vergessen, mittlerweile passiert mir das nicht mehr...
Nach einer solchen intensiven Zeit des Hörenden Gebets gehen nicht nur die Empfänger beschenkt nach Hause, sondern auch ich. Es ist ein Privileg ein Kind Gottes zu sein. Dafür bin ich unheimlich dankbar.

PS: Dass ich diesen Artikel heute schreiben konnte, habe ich meinem lieben Mann zu verdanken, der heute ganz spontan schon halb fünf von der Arbeit kam und sich um unsere Kinder gekümmert hat. Plötzlich freie Zeit will genutzt werden. ;-)

Donnerstag, 24. November 2016

Augen auf


 An meinen Sohn kann ich mich gerade nicht satt sehen. Ich liebe es ihn zu betrachten, wenn er schläft, ganz friedlich und sorglos. Manchmal lächelt er im Schlaf, ein Lächeln, dass seine tiefste Zufriedenheit ausdrückt. Ich liebe es ihn zu beobachten, wenn er auf Entdeckungstour geht. Und meine Augen strahlen dann vor Glück, Freude und Stolz über dieses kleine Wesen, das uns Gott geschenkt hat.
Genauso stelle ich es mir vor, wenn Gott uns Menschen betrachtet. Er sieht dich. Er sieht mich. Er hat uns schon gesehen als wir noch nicht da waren. (Als ich gerade erst entstand, hast du mich schon gesehen. Psalm 139,16) Der Blick Gottes beinhaltet immer Liebe. Er hat jeden einzelnen Menschen, den er geschaffen hat, ins Leben geliebt. Jeder einzelne ist für ihn wichtig und wertvoll. Er übersieht keinen von uns.
Die Frage ist, unter welchem Blick ich lebe. Lebe ich unter dem Blick Gottes, der mir Würde verleiht oder lebe ich unter den Blick der Menschen, der nicht nur wohlwollend ist (als Baby hat man es leicht), sondern bewertet, kontrolliert und mitunter ignoriert.
In mir ist ein tiefes Bedürfnis gesehen und beachtet zu werden. Ich sehne mich danach, dass ich anerkannt bin. Doch das Bedürfnis nach Anerkennung und Wertschätzung kann nicht gestillt werden, wenn ich unter dem Blick der Welt lebe, denn die Anerkennung und Wertschätzung von den Menschen ist meistens abhängig von meiner Leistung. Gott ist auch stolz auf mich, ohne dass ich etwas besonderes geleistet habe. Er freut sich an mich, einfach weil ich bin, wie ich bin. Er wollte mich genauso, wie ich bin. Nicht anders. Dafür hat er andere Menschen geschaffen. Ich muss keine Kopie von jemand anderem werden, sondern ich will als das Original leben, das sich Gott ausgedacht hat, denn er hat mich wunderbar und einzigartig geschaffen (Psalm 139,14)
Mir fällt es aber schwer mich von den Blicken der Menschen und ihrer Anerkennung freizumachen. Ich liebe es gelobt zu werden. Ich liebe es, wenn jemand stolz auf mich ist. Aber vielleicht ist es nicht so wichtig, davon frei zu werden, sondern wichtiger ist es, dass ich meinen Wert nicht davon abhängig mache. Ich denke, dass das der Knackpunkt ist. Unabhängig von den Blicken der Menschen kann ich aber nur werden, wenn ich mich mehr den Blick meines himmlischen Vaters aussetze. Als Jesus seinen Jüngern lehrte, wie sie beten sollen, war es ihm besonders wichtig, dass sie sich zurückziehen in ihre Kammer. "Wenn du aber betest, so geh in deine Kammer, und nachdem du deine Tür geschlossen hast, bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist! Und dein Vater, der im Verborgenen sieht, wird vergelten." Matthäus 6,6
Warum ist es Gott so wichtig, dass wir hinter verschlossenen Türen beten sollen? Nur an einem Ort, wo wir allein mit unserem himmlischen Vater sind, sind wir nicht dem Blick der Menschen ausgetzt. An diesem Ort liegt allein der Blick Gottes auf mir. Je mehr ich Zeit mit Gott verbringe, umso mehr kann mein Leben und mein Tun von seinem Blick geprägt sein. Und wenn ich mein Leben unter dem Blick Gottes lebe, spiegelt sich das in meinen Augen wieder. Ich werde ihm ähnlicher und kann etwas von seiner Liebe zu den Menschen als Bote Gottes weitergeben.

Mittwoch, 24. Juni 2015

Gesehen werden

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Zu Schulzeiten hatte ich nicht wirklich einen Lieblingslehrer, aber eine Lehrerin ist mir in sehr guter Erinnerung geblieben: meine Lateinlehrerin. Ich fand sie großartig. Zum einen da sie die lateinische Sprache liebte und diese Liebe hat dazu geführt, mich für diese Sprache zu begeistern. Zum anderen hat sie auch Schüler gelobt und wertgeschätzt, die viel lernen mussten, um trotzdem "nur" eine 2 oder 3 zu erreichen. Mich hat es als Schüler oft geärgert, dass meistens nur die Einserkandidaten gelobt wurden, denn bei diesem Lob stand außer Frage, ob sie dafür gelernt haben oder nicht. Ich selbst war eine typische Durchschnittsschülerin. Ich habe viel lernen müssen, um besser als drei zu sein und manchmal hat es trotzdem nicht gereicht. "Gesehen" wurde ich außer von meiner Lateinlehrerin nicht.
Nun bin ich selbst Lehrerin. Meine Motivation: Es besser zu machen als meine Lehrer. So helfen mir  meine eigenen Erfahrungen als Durchschnittsschülerin sehr dabei, nicht die Perspektive für die Schüler zu verlieren, denen es schwer fällt, die sich anstrengen und trotzdem nur eine "3" erreichen. Ich möchte sie sehen, sie ermutigen und anspornen. Ich denke, dass es mir nicht immer gelingt, sie zu sehen. Aber mir ist es wichtig, jedem Schüler mit Wertschätzung zu begegnen.
Während den letzten zwei Jahren war ich aber nicht nur Lehrerin, sondern auch noch Schülerin, d.h. Referendarin. Ich liebe meinen Beruf. Zu lehren ist meine Leidenschaft und meine Begabung. Aus diesem Grund war es mir auch besonders wichtig, dass auch andere nicht nur sehen, dass ich eine tolle Lehrerin bin, sondern dass sich das auch in der Bewertung der Lehrproben niederschlägt. Wer mich gut kennt, weiß, dass ich sehr ehrgeizig und machmal vielleich sogar einen Hang zum Perfektionismus habe.
Ende letzten Jahres musste ich -so dachte ich- es unter Beweis stellen, dass ich eine tolle Lehrerin bin. Es fanden die Lehrproben in Geschichte statt. Ich wollte so gern die Note eins vor dem Komma haben. Das war mein Ziel. Ich habe mein Bestes gegeben. Es hat trotzdem nur zu einer 2,5 gereicht. Gleich zweimal. Erst in der Klasse 11 und dann in der Klasse 5.
Ich konnte es gar nicht so richtig fassen. Ich habe mit dieser Bewertung sehr gehadert und konnte sie lange Zeit nicht akzeptieren. Als würde auf meiner Stirn geschrieben stehen: 2,5. Durchschnitt. Nicht besser. Nicht schlechter.
Diese Note hat mich mit einem sehr wunden Punkt berührt: Die tiefe menschliche Sehnsucht nach Anerkennung und Wertschätzung. Ich will von Menschen wertgeschätzt und anerkannt werden. Sie sollen sehen, wellche tolle Leistung ich zu vollbringen vermag.
Mir ging es wie dem Wemmick Punchinello. Er wollte von den anderen Wemmicks wertgeschätzt werden, die dies darin zeigten, dass sie sich gegenseitig Sterne an die Kleidung hefteten. Punchinelle hat keine Sterne bekommen, sondern nur Punkte, weil ihm nichts gelang. Er wurde immer verzagter und wollte gar nicht mehr aus seinem Haus heraus. Bis er ein Mädchen namens traf, an der nichts haftete, kein einziger Stern und auch kein Punkt. Sie sah so glücklich aus. Punchinello fragte sie, wie sie das geschafft hatte. "Das ist ganz einfach", erwiderte sie. "Ich besuche jeden Tag Eli." Punchinello ging zu Eli und dort erfuhr er, warum an dem Mädchen die Aufkleber nicht haften bleiben:
Eli sprach ganz sanft zu Punchinello: "Weil sie beschlossen hat, dass es wichtiger ist, was ich denke, als was die anderen denken. Die Aufkleber haften nur, wenn du es zulässt, wenn sie für dich wichtig sind. Je mehr du meiner Liebe vertraust, desto weniger bedeuten dir die Aufkleber der anderen."
Ich selbst möchte so werden, wie das Mädchen Lucia. Ich möchte unabhängig werden, von dem, was die anderen über mich denken. Dies konnte sie nur, weil sie jeden Tag, zu Eli geht und dort immer wieder erfährt, wie sehr er sie liebt, weil er sie erschaffen hat.
An dem Tag als ich zweimal die 2,5 bekommen habe, bin ich unter Tränen zu Gott gekommen. Ich habe ihm gesagt, wie sehr ich mit dieser Bewertung hadere und sie auch nicht annehmen kann. Er hörte es sich an und sagte mir dann mit all seiner Liebe: "Janine, du bist mein geliebtes Kind. Ich sehe deine Bemühungen und deine Arbeit. Ich weiß, dass du dein Bestes gibt. Mach es aber nicht für die Menschen, sondern für MICH. Um mich zu ehren und zu loben. Denn deine Begabungen und Stärken basieren nicht auf deinem Mist, sondern sie kommen von mir. Ich habe dich erschaffen und alles in dir hineingelegt, damit du mich ehrst."
Dieser Zuspruch von Gott vor seinem Thron hat mir eine ganz neue Perspektive gegeben. Gott sieht mich und er liebt mich. Es soll mir genügen, weil seine Wertschätzung mehr als genug ist. Es ist eine grenzenlose Freiheit, von menschlicher Anerkennung und Wertschätzung frei zu werden. Ich bin am Lernen und noch lange nicht frei davon, aber ich merke, dass nicht mehr so viele Sterne und Punkte an mir haften bleiben.

Eure Janine

PS: Punchinello und Lucia sind die Protagonisten des Buches "Du bist einmalig" von Max Lucado.